Brauchtum & Kultur
Heimat neu entdeckt
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Sie befindet sich an der alten Stelle: Kallmuth gewinnt ein Bewusstsein für das, was wichtig bleibt – Zweiter von LVR-Volkskundlern begleiteter „Heimatabend“ in der Alten Schule mit 200 historischen Aufnahmen Karl Guthausens, die vom Publikum analysiert und kommentiert wurden – Musikverein und Kirchenchor spielten und sangen - Eifeler Köstlichkeiten und kurzweilige Geschichten auf Hochdeutsch und Platt – Ortsvorsteher Robert Ohlerth im Element
Mechernich-Kallmuth – Bereits zum zweiten Mal veranstaltete die Dorfgemeinschaft Kallmuth am Freitag einen „Heimatabend“ in Zusammenarbeit mit den Volkskundlern des Landschaftsverbandes Rheinland und einer ganzen Reihe örtlicher Akteure, allen voran Musikverein und Kirchenchor.
Dazu gab es allerlei Eifeler Köstlichkeiten, von „Fitschbonne-Zupp“ über „Döppekooche“ und „Heringsschlaat“ bis zu „Knuddeln“ mit brauner Butter, Zimt, Zucker und Waldbeeren. Für Auge und Ohr, Herz und Gemüt sang der Kirchenchor unter der Leitung von Stefan Weingartz Volkslieder. Der Musikverein unter Thomas Stoffels spielte unter anderem traditionelle Lieder, die während der Kirmes gespielt werden.
Der Diakon und Mundartrezitator Manni Lang unterhielt mit Weihnachtsgeschichten von Stefan Andres und Karl-Heinrich Waggerl. Dessen Erzählung „Der Tanz des Räubers Horrifikus“ hatte Lang in Eifeler Mundart übertragen.
Äerzebär, Brabbeln und Glockenweihe
Im Mittelpunkt des Abends standen rund 200 für das frühere Dorfleben bemerkenswerte Fotos, die der Kallmuther Volksschullehrer und später anerkannte Heimatforscher und Autor Karl Guthausen in den 50er bis 70er Jahren aufgenommen hatte. Thema war der dörfliche Alltag, aber auch Besonderheiten wie Glockenweihe, Hochzeiten und Beerdigungen, Klappern, Äerzebär, Hochwasser, Karneval, Winter, das Allerseelen-Brabbeln und der St.-Georgsritt.
Vorgestellt und kommentiert wurden die Aufnahmen von Mitarbeitern des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte, Abteilung Volkskunde und Kulturanthropologie. Corinna Schirmer, Dr. Dagmar Hänel und Georg Baisch versuchten bei der Präsentation auch Hinweise aus dem Auditorium aufzugreifen, wer auf den einzelnen Bildern abgebildet ist und wann die Aufnahmen ungefähr entstanden sein könnten.
Die Kallmuther gaben zahlreiche Hinweise, die von dem LVR-Techniker Christian Lehr per Kamera und Tonband aufgezeichnet wurden und in den nächsten Wochen im Institut ausgewertet werden.
Ortsvorsteher Robert Ohlerth war sichtlich froh über die gute Resonanz und die schöne Atmosphäre des Heimatabends.
Es gehe nicht um Heimattümelei, sondern um die vorsichtige Annäherung an eine durch politischen Missbrauch beschädigte Begrifflichkeit, sagten Dr. Hänel und Manni Lang. Die Identifikation mit dem Ort der Kindheit, mit vertrauten Menschen und Örtlichkeiten, mit der Sprache und dem Brauchtum seien dennoch auch heute noch wichtig.
Alltagskulturen im Rheinland
Vor zwei Jahren wurde dem „Archiv des Alltags im Rheinland“ am LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte (LVR-ILR) die reichhaltige Fotosammlung von Karl Guthausen vermacht. Seit den 1950er-Jahren dokumentierte er Leben und Arbeiten in Kallmuth und Umgebung mit der Kamera und hinterließ einzigartige Zeitdokumente. Die Familie Guthausen war beim Kallmuther Heimatabend am Freitagabend vertreten.
Ermutigt durch die große Resonanz des Film- und Fotoabends 2016, zu dem bereits einige Bilder sowie der ebenfalls in Kallmuth entstandene Film „Allerseelensingen“ des LVR gezeigt worden waren, wurde am 13. Januar nun eine weitere Auswahl an historischen Bildern der Sammlung Guthausen präsentiert.
Im Anschluss an die Fotopräsentation stellte der Landschaftsverband Rheinland sein Internet-Portal „Alltagskulturen im Rheinland“ vor, in das auch Fotos der Sammlung Guthausen einfließen. So werden sie einer breiten Öffentlichkeit über das Internet verfügbar gemacht und die historischen Bilder mit übergreifenden Texten und Strukturen zu alltagskulturellen Themen wie Arbeit, Nahrung, Bräuchen oder Landwirtschaft verknüpft.
http://www.alltagskulturen.lvr.de/
pp/Agentur ProfiPress
(17. Januar 2017)